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Streit um den Umgang mit Luthers judenfeindlichen Schriften

Reformation unbeschwert feiern
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commons.wikimedia.orgPogrom_de_Strasbourg_1349 von Émile Schweitzer 1894Pogrom_de_Strasbourg_1349 von Émile Schweitzer 1894

Die protestantischen Kirchen gehen mit einer theologischen Last ins Reformationsjubiläum 2017. Martin Luthers judenfeindliche Äußerungen passen nicht zu einem Menschenbild, das sich an der Würde des Einzelnen und gegenseitigem Respekt orientiert. So haben sich einige Landeskirchen wie die EKHN, und im vergangenen Herbst auch die EKD, von Luthers judenfeindlichen Aussagen ausdrücklich distanziert. Daraus entbrennt nun neuer Streit über die Grundlagen des Protestantismus.

Schon die Synode der EKHN hatte sich im November 2014 von Luthers judenfeindlichen Äußerungen distanziert. Die Haltung des Reformators zum zeitgenössischen Judentum des 16. Jahrhunderts sei nicht vereinbar mit dem heutigen Bekenntnis der EKHN. Und genau ein Jahr später wollte die EKD-Synode "im Vorfeld des Reformationsjubiläums an dieser Schuldgeschichte nicht vorbeigehen". Luthers Sicht des Judentums und seine Schmähungen gegen Juden stünden nach unserem heutigen Verständnis im Widerspruch zum Glauben an den einen Gott, der sich in dem Juden Jesus offenbart habe.

Zentrale theologische Themen Luthers nicht beiseiteschieben

Jetzt fragen Theologen wie Dorothea Wendebourg: Kann es sein, dass sich die EKD distanziert, und damit Teile von Luthers Theologie über Bord wirft, um danach unbeschwert zu feiern? So kritisiert Wendebourg in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift "Zeitzeichen", das Reformationsjubiläum solle zur großen Feier der "theologischen Harmlosigkeit" werden. Sie befürchtet nämlich den Abbau zentraler theologischer Einsichten der Reformationszeit und beschreibt einen Gegensatz zwischen Judentum und Christentum, den es auszuhalten gelte. Sie spricht von "widersprechenden religiösen Überzeugungen". Wendebourg sieht Martin Luthers destruktive Ausführungen gegen die Juden nicht als notwendige Frucht aus seiner Theologie. Wenn es so wäre, sei eine "nochmalige Erörterung des Gegenstandes angemessen". Dann müsste man die beiden zentralen theologischen Positionen von Luthers Gesamtwerk neu bewerten, sein "Christus allein" und seine Gnadentheologie. 

Christlich-jüdischer Dialog geht weiter

Ihr Professorenkollege Volker Leppin widersprach entschieden. Er gebe "keinen Gegensatz zum Judentum, sondern einen Unterschied", sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Judentum und Christentum seien Geschwisterreligionen. Auch Felipe Blanco Wißmann vom jüdisch-christlichen Arbeitskreis "Im Dialog" der EKHN widerspricht Wendebourg. Sie verkenne das Gemeinsame zwischen beiden Religionen und zeichne ein Zerrbild vom jüdisch-christlichen Dialog. Außerdem überdecke sie die innerevangelische Vielfalt, die es zwischen den Konfessionen immer gegeben habe. Den Gegensatz zwischen althergebrachter christlicher Theologie und Judentum nennt Blanco Wißmann "eine falsche Vereinfachung".

Dorotheas Wendeborgs Angst vor einem "Abschmelzen der eigenen Tradition" versteht Blanco Wißmann nicht. Indem die EKD Licht und Schatten um Luther aufzeige und zum theologischen Gespräch einlade, gelinge es ihr, Luther als Symbolfigur zu erhalten. Auch im Arbeitskreis „Im Dialog“ würden die Unterschiede zwischen Juden und Christen benannt und gelebt, wie in der erst kürzlich erschienenen Schrift „Licht und Schatten des Reformators“. Die Diskussion um den Reformator Martin Luther und die Grundlagen des Protestantismus gehen weiter. Volker Leppin hat auf seiner Facebook-Seite eine Antwort an Dorothea Wendebourg angekündigt: „ja, im August in Zeitzeichen - mit viiiiiielen Lutherzitaten“.

[Genthe/RD]

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