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Kirchliche Flüchtlingsbeauftragte besuchen Abschiebungshafteinrichtung

© Erzbistum Hamburg/Melanie GieringÖkumenischer Ortsbesuch in der Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt (v.l.n.r.): Merle Abel (Diakonie Hamburg), Birgit Dušková (evangelische Seelsorgerin in der Abschiebehaft Glückstadt), Ansgar Gilster (EKD), Bischof Dr. Christian Stäblein, Manfred Pleus (katholischer Seelsorger in der Abschiebehaft Glückstadt), Thomas Dönitz (Leiter der Einrichtung), Birgit Klaissle-Walk (Leiterin Raphaelswerk Hamburg), Erzbischof Dr. Stefan Heße, Michaela Mokry (Sekreatariat der Deutschen Bischofskonferenz), Christoph Münch (Ministerium für Justiz und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein), Andreas Petrausch (Erzbistum Hamburg)

Der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), und der Beauftragte für Flüchtlingsfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Dr. Christian Stäblein (Berlin), besuchten am 29. November 2024 gemeinsam die Abschiebungshafteinrichtung im schleswig-holsteinischen Glückstadt und führten Gespräche mit der Bundespolizei sowie der Abschiebungsbeobachtung am Hamburger Flughafen.

In der von den Ländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern genutzten Abschiebungshafteinrichtung in Glückstadt sind aktuell 32 Menschen in Abschiebungshaft genommen. Seit Inbetriebnahme der Einrichtung 2021 wird immer wieder Kritik an Haftbedingungen und Missständen geäußert; so herrscht anhaltender Personalmangel und über ein halbes Jahr fand keine Sozialberatung statt. Zudem gab es Hungerstreiks und sogar Suizidversuche von Inhaftierten. In der Kritik ist auch, dass seitens der Freien und Hansestadt Hamburg EU-Bürger in Glückstadt inhaftiert worden sind.
 
Bei ihrem Besuch haben sich die beiden Bischöfe ein Bild von der Situation vor Ort gemacht, etwa im Gespräch mit der Einrichtungsleitung. Der kommissarische Leiter schilderte die strukturellen Herausforderungen für die Einrichtung und berichtete von den Bemühungen, den Personalmangel zu beheben. Im Austausch mit Vollzugsbeamten, mit einer Mitarbeiterin der Notarztstation und der Sozialberatung der Diakonie erhielten die Bischöfe weitere Einblicke.
 
Erzbischof Heße erklärte: „In der aktuell hitzigen Asyldebatte sind die Rufe nach verschärften Abschiebungsmaßnahmen besonders laut. Dabei geht es vor allem um die Zahl der Abschiebungen. Hinter den Zahlen aber stehen Menschen, die sich in einer äußerst prekären und bedrückenden Lage befinden. Die Beschleunigung von Abschiebungen darf niemals auf Kosten humanitärer und rechtsstaatlicher Prinzipien erfolgen. Auch für Menschen, denen hierzulande kein Schutzstatus gewährt werden kann, tragen wir weiter Verantwortung.“ Bischof Stäblein kritisierte, dass die Bedingungen, unter denen die Abschiebungen erfolgen, öffentlich kaum wahrgenommen oder diskutiert werden. „Wir müssen uns vor Augen führen, dass in Hafteinrichtungen wie hier in Glückstadt nicht selten Menschen ihrer Freiheit beraubt werden, die keine Straftat begangen haben. Auch EU-Bürger werden hier inhaftiert. Oder es werden Menschen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, in für sie völlig fremde Länder abgeschoben – aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit. Auch wenn das aufenthaltsrechtlich korrekt sein mag, ist es für die Betroffenen sehr hart“, so Stäblein.

Im Rahmen des Besuches wurden auch Gespräche mit Inhaftierten und mit den Seelsorgenden, die ihnen zur Seite stehen, geführt. Erzbischof Heße betonte: „In der Einrichtung lag eine bedrückende Stimmung in der Luft. Verzweiflung, Angst, Perspektivlosigkeit – im Gespräch mit einem Inhaftierten waren diese Gefühle für mich zum Greifen nahe. Die Menschen hier wissen: Ihre Abschiebung steht kurz bevor, einen Ausweg gibt es meist nicht mehr. Das ist eine enorme psychische Belastung. Ich bin dankbar für die Seelsorger, die den Betroffenen beistehen und gemeinsam mit ihnen diese schwierige Situation aushalten und durchstehen.“
 
Während des zweiten Termins informierten sich Erzbischof Heße und Bischof Stäblein über die Abschiebungspraxis am Hamburger Flughafen. Im Schnitt finden hier pro Tag aktuell zehn bis 20 Abschiebungen statt, im Rahmen von Linienflügen oder in Sammelabschiebungen auf Charterflügen. Im Gespräch mit der zuständigen Dienststelle der Bundespolizei vor Ort ging es um den Ablauf der Abschiebungen: „Abschiebungen sind hier zwar Alltag – ein Alltag aber, der für niemanden einfach ist. Deshalb ist es wichtig, dass kirchliche Ansprechpartner für alle Personen, die an Abschiebungen beteiligt sind, ein offenes Ohr haben“, so die beiden Bischöfe.
 
Die Kirchen setzen sich auch am Hamburger Flughafen dafür ein, dass humanitäre Standards gewährleistet werden, etwa durch die Abschiebebeobachtung der Diakonie, die auf die Einhaltung dieser Standards achtet, wie zum Beispiel Familieneinheit, medizinische Versorgung und den verhältnismäßigen Einsatz von Zwangsmaßnahmen. Bischof Stäblein: „Es ist wichtig, dass der Ablauf der Abschiebungen von unabhängiger Stelle beobachtet wird. Als Kirchen versuchen wir, die Menschen auch hier zu begleiten. Ein eklatanter Missstand bleibt, dass Deutschland sich seit 2016 weigert, eine EU-Richtlinie umzusetzen, die eine wirksame Abschiebebeobachtung an allen Flughäfen vorsieht – beispielsweise zum Schutz besonders vulnerabler Personen.“
 
Beide Bischöfe stellten abschließend fest: „Das Anliegen des Staates, bestehende Ausreisepflichten durchzusetzen, wird von kirchlicher Seite nicht in Frage gestellt. Allerdings dürfen die Personen, um die es geht, niemals aus dem Blick geraten. Ihre Menschenwürde und ihre Menschenrechte sind unbedingt zu achten.“

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