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Kirsten Fehrs

„Als Kirchen werden und dürfen wir nicht schweigen, heute nicht und morgen auch nicht.“

Jens Schulze/EKD

Ein deutliches Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Freiheit hat die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, am Freitag, 19. Januar, bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus in Hamburg vor tausenden Menschen gesetzt: „Christlicher Glaube und völkisches Denken passen nicht zusammen, genauso wenig wie Kreuz und Hakenkreuz!

Mit Forderungen nach einer massenhaften Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund wird eine Grenze überschritten. Darauf kann es nur eine Antwort geben: Nein, zu jeder Form von Rassismus und Antisemitismus! Und zwar ein Nein, das klar aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Von uns, die wir die Mehrheit sind! Wir sind die Mehrheit, und das müssen wir zeigen. Wie heute!“

Amtierende EKD-Ratsvorsitzende setzt bei Kundgebung in Hamburg ein deutliches Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Freiheit 

Bischöfin Fehrs sprach bei der Kundgebung „Hamburg steht auf!“ auf dem Jungfernstieg. Die Kundgebung wurde von einem breiten Bündnis aus der Mitte der Hamburger Stadtgesellschaft initiiert, um gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Radikalisierung zu demonstrieren. Mitinitiatorin Fehrs betonte: „Als Kirchen werden und dürfen wir nicht schweigen, heute nicht und morgen auch nicht.“
 
Die amtierende EKD-Ratsvorsitzende warb dafür, sich an den Demonstrationen für Demokratie, die dieser Tage in ganz Deutschland stattfinden, zu beteiligen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jedem Menschen auf dieser Erde gebührt das Recht auf Heimat, Freundschaft und Frieden. Auch dafür steht unser weltoffenes Hamburg auf – und ich hoffe, dass überall in unserem Land weitere Zeichen für Vielfalt und Freiheit folgen werden. Die Mehrheit bricht ihr Schweigen, und das wird höchste Zeit!“
 
Bundesweit sind an diesem Wochenende Kundgebungen und Demonstrationen – oft mit kirchlicher Beteiligung - geplant. Eine Übersicht mit interaktiver Karte finden Sie hier: zusammen-gegen-rechts.org
 
Informationen zum Engagement der evangelischen Kirche gegen Rechtsextremismus finden Sie hier: Kirche gegen Rechts – EKD
 
Die Synode der EKD hat im Dezember 2023 einen weitgehenden Beschluss zum Thema Rechtsextremismus gefasst und Menschenfeindlichkeit gefasst.
 
Gemeinsam mit mehr als 280 gesellschaftlichen Organisationen unterstützt die EKD die Initiative „Gemeinsam Hand in Hand“
 
Das Statement von der amtierenden Ratsvorsitzenden bei der Kundgebung „Hamburg steht auf“, Bischöfin Kirsten Fehrs, im Wortlaut:
 
Liebe Hamburgerinnen und Hamburger,
und: liebe Demokratinnen und Demokraten, liebe Geschwister,
 
wie gut, dass wir so viele sind! Und wie bitter zugleich, dass solche Kundgebungen nötig sind, im Jahr 2024, in unserem Land.
 
Danke, dass Ihr alle da seid. Danke, lieber Stefan Gwildis, für die Musik, die von Herzen kommt. Und von ganzem Herzen überzeugt stehe ich hier mit Euch allen, weil ich nicht schweigen kann und schweigen will zu diesem Rechtsextremismus, der unsere Demokratie angreift. Mit Bildern und Worten und einer Menschenverachtung, von der wir hofften, dass wir sie in diesem Land nie wieder hören und sehen würden! Nein, es reicht!
 
Wir wollten heute eigentlich da drüben stehen, auf dem Rathausmarkt. Die AfD hält dort heute eine Fraktionssitzung ab - na denn. Aber sie hat dazu eine Pressemitteilung herausgegeben, die doch stutzig machen muss. Da heißt es: „Wir hoffen, dass unsere Abgeordneten unbehelligt und ohne Angst ihren Verpflichtungen nachkommen können.“
 
Angst. Ohne Angst. Das ist das Stichwort. Ich frage mich, ob die Damen und Herren sich einmal überlegt haben, wer hier eigentlich wem Angst macht.
 
Ich habe in den vergangenen Tagen von vielen Menschen gehört, die Angst haben, und mit einigen habe ich darüber gesprochen. Da ist eine jüdische Frau, die erzählte, dass sie ernsthaft überlegt: Wohin kann ich eigentlich auswandern? Wohin soll ich gehen, wenn in Deutschland eine rechtsextreme Partei an die Macht kommt, die von „Remigration“ spricht? Ein Wort, dass sich bitter reimt auf Deportation. Ich habe mit muslimischen Frauen gesprochen, die mir berichten, wie die bösen Blicke in Bus und Bahn zunehmen. Und ich höre aus der Diakonie, dass es schwer ist, Pflegekräfte aus dem Ausland dazu zu bewegen, nach Deutschland zu kommen. Wer will denn in einem Land leben, in dem noch der dritten und vierten Generation signalisiert wird: Ihr gehört nicht hierher, und ihr gehört nicht dazu?
 
Das ist das Ergebnis, wenn Rechtsextremisten an Boden gewinnen. Wenn Vertreibungsfantasien die Runde machen. Dann breitet sich im Land ein kriechender, nasser Frost aus, so wie wir das heute hier erleben. Wir wollen nicht, dass das gesellschaftliche Klima kälter wird. Auch das ist ein Klimawandel, den wir aufhalten müssen!
 
Mit Forderungen nach einer massenhaften Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund wird eine Grenze überschritten. Darauf kann es nur eine Antwort geben: nein, zu jeder Form von Rassismus und Antisemitismus! Und zwar ein Nein, das klar aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Von uns, die wir die Mehrheit sind! Wir sind, liebe Leute, die Mehrheit, und das müssen wir zeigen. Wie heute!
 
Als Kirchen werden und dürfen wir nicht schweigen, heute nicht und morgen auch nicht. Denn christlicher Glaube und völkisches Denken passen nicht zusammen, genauso wenig wie Kreuz und Hakenkreuz! Und für alle Religionen, so sage ich es ausdrücklich auch als Vorsitzende des interreligiösen Forums: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jedem Menschen auf dieser Erde gebührt das Recht auf Heimat, Freundschaft und Frieden. Auch dafür steht unser weltoffenes Hamburg auf – und ich hoffe, dass überall in unserem Land weitere Zeichen für Vielfalt und Freiheit folgen werden. Die Mehrheit bricht ihr Schweigen, und das wird höchste Zeit! Wie gut: Hamburg steht auf, sowas von! Bleiben wir wach und aufrecht, liebe Freundinnen und Freunde, ich danke euch!!

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