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Welcome @ Work

Integration: "Welcome @ Work" hilft Geflüchteten bei der Jobsuche

Sabine Damaschke, WellnerWelcome @ WorkMarfy Munayem (links) und Essam Alhammod hoffen auf einen neuen Job.

Mit Geflüchteten den Facharbeitermangel beheben? Oft scheitert es an der Sprache oder beruflichen Qualifikationen. Nur jeder Zehnte hat ein Jahr nach seiner Ankunft einen Vertrag. Ein Diakonieprojekt hilft bei der Suche.

Sabine Damaschke, WellnerWelcome @ Work: Marlies HeekeBraucht viel Geduld für ihre Arbeit: Marlies Heeke

Ein gut bezahlter Job als Informatiker, ein eigenes Haus, zwei Kinder. Die Grundlage für den beruflichen Erfolg und das gute Leben, das Essam Alhammod in Syrien führen konnte, lagen in einer Mappe. "Bei einem Bombenanschlag sind meine Zeugnisse verbrannt", erzählt der 39-jährige Syrer. Ohne Nachweis seiner Qualifikationen aber ist es für ihn fast unmöglich, in Deutschland als Informatiker zu arbeiten. Jetzt gibt es Hoffnung. Seine Frau kam vor ein paar Wochen mit den Kindern nach Düsseldorf – und hatte ein Arbeitszeugnis im Gepäck. Sein letzter Arbeitgeber, eine internationale Softwarefirma, stellte es nachträglich aus.

"Das erleichtert die Vermittlung auf den Arbeitsmarkt", freut sich Marlies Heeke. Die Sozialarbeiterin betreut Essam Alhammod im Projekt "Welcome @ Work" der Diakonie Düsseldorf. Mit ihrem Team unterstützt sie derzeit rund 100 Geflüchtete bei ihrem Einstieg in den Arbeitsmarkt. Angesiedelt ist das zweijährige Projekt beim gemeinnützigen Qualifizierungs- und Beschäftigungsunternehmen "renatec" der Diakonie, finanziert wird es von zwei Stiftungen. 

Viele Fachkräfte, aber zu wenig qualifiziert

Seit dem Start des Projekts im August 2015 werden von "Welcome @ Work" Intensiv-Sprachkurse und Bewerbungstrainings für Geflüchtete aus über 40 Staaten angeboten und durchgeführt, darunter Syrien, Afghanistan, Nigeria, Iran und Pakistan. Vor allem aber berät und begleitet Heeke die Teilnehmer auf ihrem meist schwierigen Weg der Anerkennung von Schul-, Studien- und Berufsabschlüssen, der Nachqualifizierung, der Vermittlung in Praktika und Ausbildungen. Die meisten Asylbewerber sind zwischen 25 und 35 Jahre alt und männlich. Wer einen Beruf erlernt hat, ist in seinem Heimatland häufig Ingenieur, Informatiker, Elektriker, Kfz-Mechaniker oder Kaufmann gewesen – Berufe, die auch in Deutschland gefragt sind.
Dennoch hat über die Hälfte der Teilnehmer keine Qualifikation, die sie befähigen würde, auf dem deutschen Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden. Zu unterschiedlich sind die im Herkunftsland erworbenen Kenntnisse zu den Anforderungen, die Arbeitgeber in Deutschland stellen. Hinzu kommt, dass die meisten Firmen niemanden ausbilden oder einstellen wollen, dessen Bleibeperspektive nicht geklärt ist. "Und wenn sie dennoch dazu bereit sind, erlebe ich häufiger, dass sich die Behörden querstellen", so Marlies Heeke.

Große Hürde: die Bleibeperspektive

Nasim Gozikhonov etwa hat in Tadschikistan als Taxifahrer gearbeitet und beim Militär einen LKW-Führerschein gemacht. Obwohl er weder über einen Schulabschluss noch über die erforderlichen Deutschkenntnisse auf B1-Niveau verfügt, wäre eine Düsseldorfer Genossenschaft bereit, ihn als LKW-Fahrer auszubilden und zu beschäftigen. Doch über den Asylantrag des 29-jährigen Tadschiken ist noch nicht entschieden, obwohl er schon seit 18 Monaten in Deutschland lebt. Offiziell ist seine Bleibeperspektive schlecht. Doch Nasim Gozikhonovs Geschichte lässt auf persönliche Verfolgung, Bedrohung und Gewalt schließen. Daher ist zu erwarten, dass er einen dauerhaften Aufenthalt bekommt. 

"Seit Monaten versuche ich, einen Bildungsgutschein bei den Behörden zu bekommen, damit die Genossenschaft Nasim einstellen kann", ärgert sich Marlies Heeke. Dabei würde der Tadschike nichts lieber tun, als LKW zu fahren. "Für mich ist das ein Traumjob", sagt er. Die Bleibeperspektive – sie ist das, was dem Projekt immer wieder die Arbeit erschwert. Auch Marfy Munayem lebt bereits 16 Monate in Deutschland und wartet immer noch auf seine Anhörung. Der Informatiker ist aus Bangladesh geflohen und hatte gehofft, schnell einen neuen Job zu finden. "Deutschland sucht doch Fachkräfte", betont der 29-jährige Südasiate. Er macht gerade ein Praktikum in der IT-Abteilung einer großen Düsseldorfer Firma. Für die Anerkennung seines Bachelorabschlusses fehlen die Zeugnisse. Nun will er eine Ausbildung zum Fachinformatiker machen und danach an einer Hochschule studieren.

"Ich möchte mir eine gute Grundlage für einen sicheren Job schaffen", sagt der Informatiker. Aber solange über seinen Asylantrag nicht entschieden ist, nimmt ihn keine Firma. Marlies Heeke hat deshalb eine sogenannte Einstiegsqualifizierung bei der Agentur für Arbeit beantragt, die es ihm ermöglicht, bei der "renatec" eine dreijährige Ausbildung zum Fachinformatiker zu beginnen. Bis Marfy Munayem wieder einen qualifizierten, gut bezahlten Job in seinem erlernten Beruf findet, ist es also noch ein langer Weg.

Durchhaltevermögen und Sprachkenntnisse gefragt 

Wer ihn gehen möchte, braucht Durchhaltevermögen. Das aber haben nach Heekes Überzeugung nur diejenigen Geflüchteten, die um ihre Kompetenzen, Ressourcen und Neigungen wissen und danach entscheiden. Die Sozialarbeiterin nimmt sich daher viel Zeit für eine intensive Berufsberatung. "Natürlich könnte ich die Projektteilnehmer reihenweise in die Hotelreinigung oder Gastronomie vermitteln", sagt sie. "Aber wir haben bei der renatec den Anspruch, passgenaue Beschäftigungen zu finden und die Fähigkeiten und Kompetenzen unserer Projektteilnehmer zu würdigen."

Allerdings gibt es auch Flüchtlinge, die schnell Arbeit finden möchten, um ihren Familien im Herkunftsland Geld senden zu können. Sie finden bei "Welcome @ Work" ebenfalls die nötige Unterstützung. Generell aber gilt, dass es ohne gute Sprachkenntnisse schwierig ist, einen sozialversicherungspflichtigen Job auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu finden. "Je höher die Qualifikation, desto höher sind die sprachlichen Anforderungen", betont Marlies Heeke. Deshalb bietet das Projekt den Flüchtlingen intensive Deutschkurse mit der Förderung von Fachsprache an.

Essam Alhammod und Marfy Munayem könnten als Informatiker auch mit ihren guten Englischkenntnissen punkten. Manchmal sei die Versuchung tatsächlich groß, die Kollegen im Praktikum auf Englisch anzusprechen, gibt Marfy Munayem zu. "Aber das verkneife ich mir", sagt er. "Ich möchte schließlich dazugehören und das geht nur, wenn ich auch die gleiche Sprache spreche wie meine Kollegen und Nachbarn."

Text: Diakonie/ Sabine Damaschke

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